HEIMATSUCHE
Di 09.01.24, 19.00 Uhr
Unter der Pyramide, Kreissparkasse
Heilbronn
Francois Killian Klavier Stefan Schubert Violine Sebastian Wohlfarth Viola Georg Oyen Violoncello
Melanie Bonis
Klavierquartett D-Dur op. 124
Samuel Coleridge-Taylor
„5 Negro Melodies“
Johannes Brahms
Klavierquartett A-Dur op.26
Die Komposition von Brahms’ zweitem Klavierquartett fällt in die Zeit seines letzten Hamburg-Aufenthaltes im Jahr 1861. Brahms bemühte sich in seiner Heimatstadt um eine Festanstellung, die ihm aber nicht gewährt wurde. Daraufhin verließ er 1862 Hamburg Richtung Wien, um sein Leben als „heimatloser“, freier Komponist zu definieren. Das episch angelegte A-Dur-Quartett zeigt eindeutige Züge eines Frühwerks, vermutlich handelt es sich um die Fertigstellung eines Torsos aus seiner Sturm-und-Drang-Periode, die von der dankbaren Ergebenheit Robert Schumann gegenüber geprägt war. Dass seine musikalische Heimat einmal in ganz anderer Richtung liegen sollte, ahnte er damals noch nicht. Stanford-Schüler Samuel Coleridge-Taylor, Sohn einer Londonerin und eines Arztes aus Sierra Leone, welcher England bereits vor der Geburt seines Sohnes wieder verließ, beginnt als junger Mann, nach den Wurzeln seiner negroiden, väterlichen Abstammung zu suchen. Auf der Suche nach künstlerischer Identität bereist er Afrika und die USA und bemüht sich, folkloristische Elemente in seine britische Spätromantik zu integrieren. Als Studien hierzu dürften die fünf Arrangements bekannter Spirituals für Kammerensemble gelten. Melanie Bonis zählte als junge Frau zum Kreis der begabtesten Pariser Nachwuchskomponisten, hoch geschätzt von Kollegen wie Debussy, Fauré oder Ravel. Im Konflikt um die Geschlechterrolle dem dominanten Vater unterlegen, musste sie einen amusischen, kinderreichen Witwer heiraten und aufs Land ziehen. Bonis wurde schwermütig und verlor ihre Kreativität. Erst im Alter, nach dem Tod ihres Mannes, versuchte sie, an ihr verloren geglaubtes Leben anzuknüpfen. Ihr spätes Klavierquartett op. 124 gilt als ihr musikalisches Vermächtnis.
