Kammermusik: »Gassenhauer«

In der Wiener Klassik war es äußerst beliebt, eine bekannte Melodie, meist aus dem Bereich der Oper, zum Thema eines Variationssatzes zu machen, wodurch man sich erhoffte, dass ein Teil der Popularität auch auf das neue Werk abfärben möge. (Wohl kaum eine andere Melodie wurde in dieser weise öfter missbraucht, als Mozarts »La ci darem la mano« aus dem Don Giovanni). Auch der junge Ludwig van Beethoven bediente sich dieser Technik, um seine Bekanntheit zu steigern: In seinem Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 11 verwendet er im Variationsfinale ein Thema aus der komischen Oper »Der Korsar aus Liebe« von Joseph Weigl. Das Terzett »Pria ch’io im-pegno« war ein echter Schlager seiner Zeit, und neben Beethoven verwendeten zahlreiche andere Komponisten das Motiv, unter anderem auch Niccolò Paganini. Am Ende verlief die Geschichte anders als erwartet: Die Oper ist längst vergessen, einzig diese Melodie überlebte in Beethovens Trio! Das erste der zwei Leben des Komponisten Hans Gál war das eines lebensfrohen Wiener Jugendlichen. Aus jener Zeit stammen die »Variationen über ein Wiener Heurigen-Lied«. Im Vorwort des Erstdrucks lässt uns der Komponist wissen, was es damit auf sich hat: »In den volkstümlichen Weinschenken der Wiener Vororte trieb ein buckliger Stegreifsänger sein Unwesen. Für ein ihm heimlich zugestecktes Honorar und mit den nötigen Informationen versorgt, pflegte er zur Melodie dieser Variationen nicht unbedingt salonfähige Verse zu improvisieren, deren Gegenstand eine beliebige anwesende Dame war, und eine solche »Huldigung« wurde im Allgemeinen nicht übel genommen. Das vorliegende Stück ist am Tag nach einer solchen Gelegenheit entstanden, als Bußtribut an das dabei getroffene Opfer. »Hans Gal emigrierte als Jude 1938 nach England und baute sich dort seine zweite Existenz auf. So heimisch wie in den Wiener Heutigen-Schänken wurde er dort aber nie.

Guillaume Connesson ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten in Frankreich, nicht zuletzt, weil er auch Elemente der Popularmusik in seinen Stil integriert. Die »Adams-Variations«, ein Sieben-Minuten-Stück für Klarinette und Klaviertrio, ist eine Hommage an den amerikanischen Minimalisten John Adams und an die Minimal Music allgemein. Die einzelnen Variationen sind be-wegte Texturen unterschiedlicher Farbe, ein »Thema« in dem Sinn gibt es nicht, und erst gegen Ende beginnen sich melodiöse Elemente aus der engen rhythmischen Struktur zu lösen. Walter Rabl, ein 1873 in Wien geborener Komponist und Dirigent, gehört zu den »Brahmsianern« seiner Zeit, und hat sich in seinem knappen Oeuvre nie moderneren Strömungen gegenüber geöff-net. Mit seinem Opus 1 bewarb er sich 1896 beim Kompositionswettbewerb des Wiener Tonkünstlervereins (Brahms hatte den Jury-Vorsitz). Das Quartett gewann den 1. Preis und wurde von Brahms zur Veröffentlichung seinem Verleger Simrock empfohlen. Karriere machte er aber nicht als Komponist, sondern als Operndirigent, nicht in seiner Heimatstadt, sondern vorwiegend in deutschen Großstädten (Dresden, Düsseldorf, Essen, Magdeburg) aber auch in Breslau und Madrid, sowie auf Tourneen in Kanada und den USA. Das Klarinettenquartett zeigt deutlich den Einfluss von Brahms’ Klarinettentrio, aber im Finale wechselt er zu Schumanns »Volkston« und schließt mit einer Marschmelodie, die durchaus das Zeug zum »Gassenhauer« hätte.

Elisaveta Blumina, Klavier
Julius Kircher, Klarinette
Stefan Schubert, Violine
Georg Oyen, Violoncello

Ludwig van Beethoven
Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier B-Dur op. 11 »Gassenhauer-Trio«

Hans Gál
Variationen über ein Wiener Heurigen-Lied für Klaviertrio

Guillaume Connesson
»Adams-Variations« für Klarinette und Klaviertrio

Walter Rabl
Quartett op. 1 für Klarinette und Klaviertrio

KAMMERMUSIK
DI 31.03.26 | 19 Uhr
Heilbronn, Unter der Pyramide,
Kreissparkasse Heilbronn

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